Charakterisierungsversuche und Parameterbestimmung für die Kohäsivzonenmodellierung von Polyurethan-Klebverbindungen

Im Automobil-Leichtbau werden neben epoxidharzbasierten (EP) Klebstoffen verstärkt auch polyurethanbasierte (PU) Klebstoffe für die Verbindung strukturrelevanter Komponenten eingesetzt. Besonders für die Multi-Material-Bauweise, bei der Werkstoffe mit unterschiedlichen Wärmeaus- dehnungen eingesetzt werden, ist die größere Nachgiebigkeit der PU-Klebstoffe von Vorteil. In der Crashsimulation größerer Strukturen wird das Materialverhalten der EP-Klebstoffe bevorzugt mit sogenannten „Kohäsivzonenmodellen“ abgebildet, da diese hinsichtlich Rechenzeit sehr effizient sind. Die Klebung wird hierbei als bruchmechanische Ersatzmodellierung mit einem Element in Dickenrichtung modelliert. Das LS-DYNA-Kohäsivzonenmodell MAT_240, welches dehnratenabhängiges Materialverhalten berücksichtigt, wurde zunächst insbesondere für zähmodifizierte Klebstoffe mit dünner Klebschicht entwickelt. Die modellseitige Einstellbarkeit des Spannungs-Verformungsverlaufs ermöglicht es zudem, das Versagensverhalten elastischer Klebungen mit dicker Klebschicht, wie z.B. PU-Klebstoffe, abzubilden. Das DLR betreibt Forschung, inwieweit eine Simulationsmethodik mittels Kohäsivzonenmodellierung für PU-Klebverbindungen eingesetzt werden kann. Es wurde untersucht, welche Versuche zur Kennwertermittlung von EP-Klebstoffen auf PU-Klebstoffe übertragen werden können und welche Prüfkörper für die Charakterisierung von PU-Klebstoffen modifiziert bzw. neu konzipiert werden müssen. Dazu wurde ein charakteristischer Vertreter für PU-Klebstoffe ausgewählt. Für die Mode-I- Beanspruchung konnten die Versuche zur Kennwertermittlung, die sog. TDCB-Versuche (Tapered Double Cantilever Beam) nach dem Vorbild der EP-Klebstoffe mit Anpassungen übernommen werden. Bei den Versuchen unter Mode-II-Beanspruchung hat sich gezeigt, dass die für EP- Klebungen bewährten Versuche nicht für PU-Klebungen geeignet sind. Die großen Schubverzerrungen in der PU-Klebung sind nicht mit den vorgesehenen Verformungsgrenzen bekannter Probekörper vereinbar. Deshalb wurde zur Ermittlung der bruchmechanischen Kennwerte unter Schub eine modifizierte Probengeometrie entwickelt und getestet. Die Versuche zur Materialcharakterisierung wurden bei verschiedenen Belastungsgeschwindigkeiten durchgeführt, wodurch ein dehnratenabhängiges Materialverhalten des PU-Klebstoffs identifiziert werden konnte. Dementsprechend wurden Parametersätze für MAT_240 ermittelt, womit das Materialverhalten des untersuchten PU-Klebstoffs realitätsnah abgebildet werden kann. Die Untersuchungen zeigen, dass die Kohäsivzonenmodellierung neben EP-Klebungen auch für polyurethanbasierte Automobil-Klebstoffe und damit auch für Klebungen über eine große Bandbreite mechanischer Eigenschaften berücksichtigt werden kann.